Mal ganz persönlich: Interview mit Caroline Glatte, Senior Sustainability Analyst bei der ÖKOWORLD

Caroline Glatte (C) wurde interviewt von Marketingmitarbeiterin Tanja Dillenberger (T)

T: Welche Person, die eine Rolle in deinem Leben spielt, sollte ich fragen, wer du eigentlich bist, und was würde diese Person antworten?

C: Mein Mann würde sagen, dass ich mich sehr gut in andere Menschen reindenken kann und zudem gerne Gedankenexperimente konstruiere, die oftmals Anstoß zu interessanten Gesprächen geben. Und dann würde er ganz bestimmt noch ergänzen, dass ich hilfsbereit, lustig, engagiert und diszipliniert bin. 


T: Worauf kannst du nicht verzichten?

C: Auf das Stück Schokolade nach dem Mittagessen, auf ein fesselndes Buch, Tee und Taschentücher, meinen Nierenwärmer, Musik und ein Glas Rotwein.


T: Wofür bist du besonders dankbar?

C: Für meine Familie, Freundinnen und Freunde. Ohne alle diese Menschen, wäre ich nicht dort wo bzw. wie ich jetzt bin. Und schließlich dafür in einem Land geboren worden zu sein, in dem ich tatsächlich leben darf und es nicht nur ums Überleben geht und in dem die Demokratie und die Achtung der Menschenrechte fundamental sind. 


T: Wobei vergisst du die Zeit?

C: Beim Tagträumen, Yoga, Lesen und angeregten Unterhaltungen.


T: Was empört dich?

C: Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung, Massentierhaltung, Ausgrenzung und Ungleichheit… was mich empört sind Menschen, die egoistisch denken und nicht bereit sind, ihr Verhalten zu ändern, Unternehmen, die ganzen Bevölkerungsgruppen die Lebensgrundlage nehmen und die Biodiversität vernichten sowie von Lobbyismus beeinflusste politische Entscheidungen.

Außerdem versiegelte Vorgärten, Bananen in Plastiktüten, zugeparkte Fahrradwege und steigende Mietpreise in Innenstädten.


T: Wann und warum wurde Nachhaltigkeit ein Thema für dich?

C: Erste Berührungspunkte mit dem Themenkomplex Faire Handelsbeziehungen und Globaler Süden hatte ich bereits in der Schule. Während meines Studiums beschäftigte ich mich dann mit Ressourcenknappheit und -nutzung sowie Vertreibung und Widerstand indigener Völker in Lateinamerika. Über meine Mitwirkung in konsumkritischen Stadtrundgängen u.a. zu Green IT, Textilien, Plastik und Food Waste hatte ich die Möglichkeit Nachhaltigkeitsthemen auch erstmals nach außen zu kommunizieren. Nach verschiedenen Praktika in NGOs mit Fokus auf Wertschöpfungsketten und nachhaltige Geldanlagen, konnte ich durch meinen Einstieg bei der ÖKOWORLD diese Themen auch beruflich in meinen Alltag integrieren. 

Warum? Es war und ist ein Prozess, der sich, angetrieben von den zunehmend drängenderen sozialen und ökologischen Herausforderungen, zu einer immer bewussteren Entscheidung entwickelt hat. Zum einen dahingehend, in diesem Bereich zu arbeiten und zum anderen, das eigene Konsum-, Ernährungs- und Mobilitätsverhalten zu überdenken und schrittweise zu verändern. Dazu gehört für mich der Kauf von überwiegend gebrauchten Produkten sowie von Bio-, Fairtrade-, regionalen-, verpackungsfreien und veganen Lebensmitteln (was bei jedem Einkauf erneutes Abwägen erfordert), eine „grüne“ Bank und Ökostromanbieter sowie die Nutzung des ÖPNVs und des Fahrrads.

Bis heute eröffnen sich mir immer wieder neue nachhaltigkeitsrelevante Themenfelder - sowohl durch meine Arbeit im Research als auch privat, im Austausch mit Freund/-innen und Familie.


T: Hast du einen Tipp für jemanden, der anfangen will, sein Leben nachhaltiger und bewusster zu gestalten?

C: Think global, act local …

… und andersherum.

Ein ganz wunderbarer Slogan, der verdeutlicht, dass man bei sich anfangen muss, um im Großen was zu verändern. Und dies nicht nur betreffend nachhaltigkeitsbezogener Themen, sondern auch in Bezug auf Rassismus-kritischem Denken und Feminismus. Ich denke, genau hier ist nicht die Stelle, bescheiden zu sein oder sich klein zu machen und zu sagen, was kann ICH schon dazu beitragen, den Klimawandel zu stoppen, rassistische Gedanken und Äußerungen zu entlarven und patriarchale Strukturen zu überwinden. Ganz im Gegenteil, um festverankerte Gedanken, Sprache und Verhaltensweisen in der Gesellschaft aufzubrechen, müssen wir erstmal uns selbst reflektieren, schnellstmöglich in den Austausch mit anderen gehen und offen für Kritik und Veränderung sein …


T: Was fehlt unserer Gesellschaft und was sollte es vermehrt geben?

C: … und das erfordert sehr viel Mut, Verständnis und Ausdauer. Und auch, wenn die Liste sich sicherlich schnell füllen lässt mit Dingen, die uns als Gesellschaft fehlen, finde ich es viel bedeutsamer zu erwähnen, wie viele Menschen jeden Tag auf unterschiedliche Art und in verschiedenen Bereichen beweisen, dass es möglich ist, die eigene Komfortzone zu verlassen und soziale Strukturen und ökologische Verhältnisse positiv zu beeinflussen.

Ich denke da beispielsweise an Fridays for Future. Die Reden und Beiträge auf den Demonstrationen waren sehr berührend. Es ist das Eine zu wissen, dass es gilt, Ressourcen zu schonen und die Artenvielfalt zu schützen, um die Erde als einen lebenswerten Ort für die nachfolgenden Generationen zu hinterlassen. Aber aus den Mündern der Kinder und Jugendlichen, die dort auf der Bühne standen und umgeben von den Allerkleinsten, die mit Plakaten teilnahmen wie etwa: „Opa, was ist eigentlich Schnee?"- das löst etwas ganz Anderes aus und verdeutlicht umso mehr die Verantwortung und Dringlichkeit, den fortschreitenden Klimawandel aufzuhalten.


T: Wann und warum hast du dich entschieden, für die ÖKOWORLD zu arbeiten?

C: Das war kurz nach meinem Studium und während eines Praktikums im Bereich nachhaltige Beschaffung und Unternehmensverantwortung. Meine Arbeit im Nachhaltigkeitsresearch gibt mir die Möglichkeit, mich mit den neusten Entwicklungen, Zertifizierungen und Standards zu beschäftigen. Es gilt, die Technologien und Produkte aus diversen Bereichen von Unternehmen weltweit zu analysieren und zusammen mit der Prozessebene unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten zu bewerten.

Die Nachhaltigkeitsanalyse für die Fonds der ÖKOWORLD macht mir immer wieder deutlich, welche Verantwortung insbesondere Unternehmen sowie politischen Entscheidungsträgern im Kampf gegen Klimawandel, Ressourcenausbeutung und Armut zukommt.