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Die vierte industrielle Revolution bietet auch ökologische Chancen. Interview mit Alexander Funk, Senior Portfoliomanager und Managing Director bei ÖKOWORLD

Im Mai des Jahres 1996 wurde der ÖKOWORLD ÖKOVISION CLASSIC  aufgelegt. Was hat sich aus Ihrer Sicht verändert?

Alexander Funk: Vor 20 Jahren war ein Investment in ethisch-ökologische Geldanlagen nach weit verbreiteter Meinung verbunden mit einem Renditeverzicht und wurde gleichgesetzt mit Erneuerbaren Energien, die noch in den Kinderschuhen steckten. „Öko“ galt als Nische mit einem entsprechenden Beigeschmack, ein bisschen von gestern. Wachstum, Modernität oder gar Zukunftsinnovationen brachte man damit nicht in Verbindung. In diesen Jahren waren selbstfahrende Autos nur auf der Leinwand in Science Fiction zu sehen und  Bio-Lebensmittel nur im Bio- oder Dritte-Welt-Laden. Weit verbreitet war auch die Angst, das digitale Zeitalter kapituliere im Milleniumjahr.

Wie schaut „Öko“ heute aus Sicht eines Fondsmanagers aus?

AF: Heute spricht man von Dekarbonisierung der Investments. Zu weniger CO2 bei der Geldanlage haben sich zahlreiche und einflussreiche Asset Manager und Versicherungen verpflichtet. Vor allem werden fossile Energieträger aus den Portfolios verbannt und klimafreundliche Anlagen werden bevorzugt. Neben den zu erwartenden Renditen steht vor allem das Risiko der fossilen Energien im Fokus. Der Kurszerfall in den letzten Jahren bei Rohstoffen und vor allem der fossilen Energieträger führte zu deutlichen Performanceeinbußen der Investoren aus der „alten Welt“. Die Schwerpunkte unserer Investments sind Gesundheit, Ernährung, Wasserversorgung und Bildung. Die erneuerbaren Energien, umweltfreundliche Mobilität, intelligente Kommunikation und nachhaltiges Bauwesen gehören auch dazu. Bei uns werden Unternehmen ausgeschlossen, die das Menschsein behindern. Dazu gehören – um nur einige zu nennen – Atomkraft, der Raubbau an der Natur, die Chemieindustrie oder Konzerne, die z. B. Sklaverei oder Menschenhandel tolerieren.

In welchen Bereich der Gesundheitsvorsorge und Medizin steigen Sie ein? Ein Beispiel bitte.

AF: Eine zunehmende Digitalisierung stellen wir in unserem wichtigen Bereich der Gesundheit fest. Weit voran geschritten ist die Digitalisierung im großen Wachstumstrend der Diabetes – leider, muss man sagen. War dies in den letzten Jahren eher ein Phänomen in den USA, ausgelöst durch einen ungünstigen Mix von Fast-Food-Ernährung, zuckerhaltigen Getränken gepaart mit mangelnder Bewegung, erobert diese Begleiterscheinung Teile von Europa und ist ebenfalls in den aufstrebenden Schwellenländern vertreten. Wurde bislang der Blutzuckerspiegel mit Hilfe einer kurzen Blutabnahme aus dem Finger ermittelt, so kann dieser mit Hilfe eines innovativen Pflasters von Dexcom, aufgetragen seitlich an der Bauchdecke, permanent auf dem Smartphone überwacht werden. Entsprechende Warnsignale erscheinen, falls die Werte sich entsprechend verändern.

Wie schaut es mit Ernährung aus?

AF: Biolebensmittel weisen überproportionale Wachstumsraten auf. Abzulesen daran, wenn wir einen Supermarkt betreten – Bio-Produkte sind in vorzüglicher Lage ausgestellt und erscheinen im besten Licht. Selbst beim Discounter. Waren es anfangs auf Biolebensmittel fokussierte Läden wie die amerikanische Bio-Supermarktkette Whole Foods Markets, so erweitern die etablierten Ketten wie Wal-Mart, Kroger & Co ihr Angebot an „organic food“ kontinuierlich – sehr zum Leidwesen von Whole Foods & Co. Ein Blick in die Zahlenwelt verrät Margenverwässerung, rückläufiges Umsatzwachstum und anhaltenden Preisdruck. Wir erkannten den Trend bei Whole Foods Markets sehr früh und konnten erfreuliche Gewinne für unsere Investoren realisieren – übrigens war das Unternehmen erstmals 1996 in Ökovision investiert. Als aktiver Fondsmanager sind wir aber auch rechtzeitig wieder ausgestiegen. Weniger stark betroffen von dem anhaltenden Preisdruck ist unser Organic-Food Produzent Hain Celestial, ebenfalls aus den USA. Das Unternehmen vermeldete zuletzt erfreuliche Wachstumsraten, vor allem im wichtigen Heimatmarkt USA. Fuß fasst das Unternehmen auch in Europa, vor allem in Großbritannien. Mittlerweile steht das Vereinigte Königreich für knapp 30% des erzielten Umsatzes. Wie ein Fels in der Brandung erweist sich das Unternehmen Lindt&Sprüngli. Ein Konzern, der minutiös über die Anbaubedingungen berichtet und höchsten Qualitätsansprüchen genügt.

Welche Chancen bietet die digitale Zukunft

AF: Industrie 4.0 ist eine neue Herausforderung für die Unternehmen, den Anschluss an die Digitalisierung nicht zu verpassen. Die vierte industrielle Revolution ist nicht nur auf einzelne Sektoren beschränkt, sondern zieht sich deutlich durch alle Branchen und Sektoren – angefangen von A wie Arztbesuch und Digitalisierung des Gesundheitswesens, sowie Automobile, Energie, Finanzen, Lebensmittel, Produktionsprozesse und Z wie Zusteller aus der Logistikindustrie. 

Alle oben dargestellten Trends und Erscheinungen haben eines gemeinsam: Neben hohem Datenvolumen und –verbrauch geht dies einher mit Energieerzeugung, deren Versorgung und allem voran der Effizienz sowie den Themen Cloud-Computing, Datensicherheit und IT-Infrastruktur. Diese Investitionsthemen eignen sich hervorragend für uns, um mit gutem Gewissen an diesem Trend zu partizipieren. Die vierte industrielle Revolution bietet auch ökologische Chancen.

Wie schaut es mit dem  Thema Energie aus? Was sind die Treiber?

AF: Mit der Energiewende sehen wir weltweit ein neues Spektrum an Märkten und Unternehmen mit großen Chancen. Das fängt an bei der „urgrünen“ Energieerzeugung mit Wind-, Solar- oder der Wasserenergie und geht bei den Stromnetzen weiter. Das prägende Bild waren bislang die großen zentralen Energieerzeuger. Jetzt geht der Trend zu dezentraler Erzeugung mit kleineren Anlagen. Die bisherigen Energieversorger, allen voran aus Europa, scheinen den Wachstumstrend rund um das Thema der sauberen Energieerzeugung unterschätzt zu haben – so mussten die Investoren bei E.ON, RWE und Areva in den letzten drei Jahren Kursverluste von -35%, -56% bzw. -69% verzeichnen.

Der Supergau mit der Atomkatastrophe von Fukushima führte teilweise zu einem Umdenken in der japanischen Energieversorgung. So entwickelte sich der Markt für Solaranlagen zu einem Wachstumsmotor. Auch in den USA sorgten attraktive Steuer- und Leasingmodelle für eine Renaissance. Erneuerbare Energie ist zunehmend konkurrenzfähig. Das liegt an effizienteren Produktionsprozessen und niedrigeren Erzeugungskosten. 

Wie entwickelt sich der Sektor in China?

AF: China ist als ein großer Wachstumsmarkt zweitgrößte Volkswirtschaft. Bilder von smogumhüllten Städten fordern ein Umdenken. Im November 2013 hat die kommunistische Partei Chinas umfassende Reformen verabschiedet. Ökologische Ziele sind ein wichtiger Teil davon. Der 13. chinesische Fünfjahres-Plan ist laut Aussagen der Verantwortlichen der grünste Fünfjahresplan aller Zeiten. Er wird mit grüner Tinte geschrieben.