Damoklesschwert Erdöl-Aktie: Shell-Nigeria haftet für Umweltschäden
Ein Beitrag von Ralph Prudent
Die Haftung für Umweltschäden ist eines der schweren Damoklesschwerter, die über der Profitabilität vieler global operierender Unternehmen unterschiedlichster Branchen hängen. Experten schätzen, dass die Beseitigung von Umweltschäden hohe dreistellige Milliardensummen erfordern wird. Bisher konnten sich die Konzerne jedoch, insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern, auf niedrige Umweltstandards, eine laxe Gesetzgebung, „kooperative“ Regierungen und großzügige Richter verlassen. Haftung in der Regel Fehlanzeige.
Nigeria ist eines der größten Ölförderländer. Dort spielt sich seit Jahren, von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen, eine der größten Umweltkatastrophen weltweit ab. Mehr als doppelt so viel Rohöl wie bei der Ölkatastrophe im Golf von Mexico ist laut UN inzwischen aus Pipelinelecks im Nigerdelta ausgetreten. Farmland, Fischgründe, Dörfer und Grundwasser sind verseucht, die Lebensgrundlage der dortigen Bevölkerung ist zerstört. Die Geschädigten gingen bisher leer aus. Die Öllecks, argumentieren die Ölmultis, seien nur durch Sabotage einheimischer Öldiebe und Terroristen verursacht worden. Davor können die Ölgesellschaften ihre tausende Kilometer langen Pipelines nicht schützen und haften nach nigerianischem Recht nicht. Klagen der Einwohner verlaufen im ölverschmierten Sand.
Das kann sich ändern. Am 30. Januar endete in Den Haag ein ungewöhnlicher Prozess. Auf der einen Seite der Öl-Multi Shell mit seinem Jahresumsatz von 470 Milliarden US-Dollar, auf der anderen Seite vier nigerianische Bauern und Fischer, die dem Ölkonzern vorwerfen, für die Zerstörung ihres Landes und ihrer Lebensgrundlage verantwortlich zu sein: Pipelines seien mangelhaft gewartet, nicht vor Sabotage geschützt und Verunreinigungen nicht beseitigt worden. Zum ersten Mal steht ein Ölmulti in seiner europäischen Heimat wegen Schäden im Ausland vor Gericht.
Das Den Haager Gericht hat die Klagen gegen den holländischen Mutterkonzern abgewiesen. Der hafte nur für eigenes Verschulden und nicht für seine Tochtergesellschaft. Für eigenes Verschulden konnten die Kläger jedoch keine Beweise vorlegen. Zudem mussten die Richter das nigerianische Recht anwenden und daher auch vier der fünf Klagen gegen die nigerianische Shell-Tochter abweisen. Aus rechtsstaatlicher Sicht sicher nicht zu beanstanden. Die Überraschung für Shell: Im fünften Fall urteilten die Richter, dass Shell es den Öldieben zu leicht gemacht und „durch besondere Nachlässigkeit" erhebliche Sorgfaltspflichten verletzt hat. Die Leitung konnte auf sehr einfache Weise sabotiert werden - durch das Aufdrehen eines Ölhahns mit einem Schraubenschlüssel. Zu wenig Schutz, urteilten die Richter. Shell-Nigeria muss den Schaden ersetzen.
Ein Urteil mit Konsequenzen für Konzerne und deren Investoren. Weitere Klagen sind wahrscheinlich, denn das Argument, nur Shell-Nigeria könne verklagt werden und das auch nur in Nigeria, überzeugte die niederländische Justiz nicht. Die Umweltorganisation Milieudefensie hat allein 2011 wieder über 60 Öllecks an über 7.000 km ungeschützter Pipeline und hunderten unbewachter überirdischer Installationen beobachtet. Ob die Schutzmaßnahmen und der Erhaltungszustand der Anlagen den Sorgfaltsanforderungen niederländischer Richter genügen werden, kann bezweifelt werden. Die in Den Haag unterlegenen Kläger haben zudem Berufung angekündigt. Sie wollen gerichtlich Zugang zu internen Dokumenten von Shell einfordern, aus denen sich Beweise für die Mitverantwortung der Konzernmutter ergeben. Zumindest ein hohes Reputationsrisiko, dessen Auswirkungen Shell noch von dem Versuch, die ausgediente Bohrinsel Brent Spar einfach in einem Fjord zu versenken, in unangenehmer Erinnerung sein dürften.
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