Auf der Schiene durch China
Ein Fachbeitrag von Dr. Karl-Heinz Brendgen, Managing Director und Head of Sustainability Research
Der Bahnausbau ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte in China und macht die Unternehmen, die an dieser Entwicklung beteiligt sind, zu Weltmarktführern.
Chinas Regierung stellt sich seit 2008 einer gigantischen Herausforderung. Bereits heute lebt gut die Hälfte des 1,3 Milliarden-Volkes in Städten. Bis 2030 sollen weitere 230 Millionen Menschen in die Ballungsräume ziehen. Deshalb will China das Schienennetz bis 2050 auf eine Länge von 270.000 Kilometern mehr als verdoppeln.
Die Schieneninfrastruktur soll – wie früher in Japan – den ansonsten zu erwartenden Verkehrskollaps verhindern. Sie soll auch Chinas Wirtschaftsregionen stärker vernetzen und China zum weltweiten Technologieführer in diesem Wachstumssegment machen. Am Aufbau des China Railway High-Speed Systems (CRH) sind Ingenieure und Wissenschaftler mehrerer renommierter Universitäten des Landes beteiligt.
Die ehrgeizigen Ziele führten 2014 dazu, dass die Regierungsausgaben für den Bahnbau bereits zweimal auf 800 Milliarden Renminbi (94 Milliarden Euro) erhöht wurden. Experten gehen für 2015 und in den Folgejahren von weiteren deutlichen Steigerungen aus.
Unternehmen, die von dieser Entwicklung profitieren, zählen zu den attraktiven Titeln für ökologisches Investment. Bekanntlich ist die Bahn das umweltfreundlichste aller Verkehrsmittel.
Wir stellen drei dieser Unternehmen vor:
China South Locomotive & Rolling Stock (CSR), Zhuzhou CSR Times Electric (TEC) und Guangshen Railway.
Dank der starken Nachfrage haben sich China South Locomotive & Rolling Stock (CSR) und China Northern Rail (CNR), die jetzt fusionieren, zu Weltmarktführern für den Lokomotiv- und Waggonbau entwickelt.
CSR baut Regional- und Güterzüge, sowie Schnellzüge, die mit Geschwindigkeiten von bis zu 350 km/h über Chinas Gleise fahren; auf Teststrecken wurden bereits 480 km/h erreicht. Da die Schnellzugstrecken durch Sümpfe und Wüsten führen und die Bahnen sich bei Hitze, Kälte und Sturm bewährt haben, ist die Technik mittlerweile international begehrt und konkurrenzfähig.
Die von CSR und CNR gebauten Schnellzüge lehnen sich an bekannte Vorbilder an, die CRH2-Serie (siehe Abbildung) an den japanischen Shinkansen, die CRH3-Serie an den deutschen ICE3. Beide Serien sind seit 2008 in Betrieb und wurden mehrfach modifiziert.
Zhuzhou CSR Times Electric (TEC), eine Tochter von CSR, ist ein wachstumsstarkes Zulieferunternehmen. TEC entwickelt und fertigt Elektrik- und Elektronikkomponenten und Zubehör wie Stromabnehmer, Transformatoren, Frequenzumrichter, Steuerungs- und Sicherheitstechnik für Lokomotiven, auch für den Regional- und Güterverkehr und für den Einsatz in der Industrie.
Guangshen Railway ist die Betreiberin der Guangzhou-Pingshi-Strecke in der Provinz Guangdong. Dies ist der Südabschnitt der Nord-Süd-Strecke Beijing-Guangzhou/-Hongkong. Die Strecke verläuft vertikal durch die südchinesische Provinz Guangdong und ist mit anderen wichtigen Schienenwegen in angrenzenden Provinzen verbunden.
Auf der Strecke werden nicht nur Passagiere befördert, sondern auch Güter. Weitere Umsätze werden durch die Vermietung der Strecke an andere Betreiber erzielt. Zum Betrieb der Strecke gehören auch der Ausbau und die Unterhaltung des Schienennetzes und der Infrastruktur, wozu auch die Bahnhöfe zählen.
„Handlungsreisender in Sachen Bahn“
Unternehmen wie CSR und TEC bekommen Unterstützung von höchster Stelle. Von chinesischen Medien wird Ministerpräsident Li Keqiang bereits als „Handlungsreisender in Sachen Bahn“ bezeichnet. Dank der Schützenhilfe setzen die chinesischen Firmen von Laos bis Nicaragua ein milliarden-schweres Bahnprojekt nach dem anderen um. Li schreckt vor Mammutaufgaben nicht zurück, z. B. das Seidenstraßen-Projekt. Der Premier will eine Bahnverbindung von China in die Türkei bauen und hat für dieses Projekt bereits 40 Milliarden Dollar bereitgestellt.