Perspektiven für 2036: Wir stehen erst am Anfang…

Paris und wie weiter?

Es ist als ein klares und positives Signal zu werten, dass die Staatengemeinschaft es geschafft hat, sich auf der Weltklimakonferenz in Paris am 12.12. vergangenen Jahres auf ein gemeinsames Klimaabkommen zu verständigen. Es wurde das Ziel bestätigt, deutlich unter 2°C Erderwärmung zu bleiben, besser sogar unter 1,5°C. Auch dass bis Mitte der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Energieversorgung weltweit Kohlenstoff-frei werden soll, ist ein wichtiger Schritt hin zur Erreichung der Klimaziele.

Die Frage ist nun, und das wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen, ob vom Pariser Abkommen tatsächlich eine Signalwirkung ausgeht, die dazu führt, dass ernsthafte und weitreichende Schritte unternommen werden. Die bisherigen Minderungsankündigungen, bezogen auf die CO2-Emissionen der einzelnen Länder, bleiben deutlich hinter den Erfordernissen zurück.

Der Klimawandel schreitet fort

Aktuell sind wir vom Erreichen des 2°C-Ziels weit entfernt. Ohne deutlich größere Anstrengungen als die derzeit angekündigten ist eine Erderwärmung um 3 - 4°C bis zum Ende des Jahrhunderts oder schon früher zu erwarten. Dazu einige aktuelle Zahlen:

  • Die Erde hat sich bereits um ca. 1°C erwärmt. 
  • Die Jahre 2014 und 2015 waren die wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen.
  • Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre lag 2015 i. D. bei nahe 400 ppm (Parts per Million), rd. 40 % (120 ppm) höher als im Jahr 1800 und mehr als 50 ppm über dem von Experten als „sicher“ angenommenen Wert von 350 ppm.

Kohlenstoff-freie Energieversorgung

Eine Kohlenstoff-freie Energieversorgung ist im wahrsten Sinne eine Jahrhundertaufgabe, die allerdings desto schneller „erledigt“ werden muss, je schneller der Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und die Erderwärmung fortschreiten.

Kohlenstoff-freie Energieversorgung bedeutet nicht nur den Ausstieg aus der Stromerzeugung aus Kohle, Öl und Gas, sondern auch das Ende der Verbrennungsmotoren und des Heizens mit kohlenstoffhaltigen Brennstoffen.

Experten sind derzeit damit beschäftigt zu errechnen, was der Klimavertrag für Deutschland (als Vorreiter beim Klimaschutz) und nicht zuletzt für die Industrie, z. B. die Automobilindustrie, genauer bedeutet. Während bei der Stromerzeugung durch die Förderung der Erneuerbaren Energien der richtige Pfad bereits beschritten wurde – trotz nach wie vor großer Herausforderungen bei der Umsetzung – ist im Verkehrssektor der Nachholbedarf gewaltig.

Gewaltiger Nachholbedarf beim Verkehr

Der wesentliche Grund dafür ist, dass die Automobilindustrie zwar technisch effizientere Motoren entwickelt hat, die Fahrzeuge jedoch zugleich immer komfortabler und schwerer geworden sind, wodurch die Effizienzgewinne zunichte gemacht wurden. Hinzu kommt das grundsätzliche Festhalten am Verbrennungsmotor und am Vorrang der Individualmobilität durch Politik und Gesellschaft. Die Folgen: unzureichende Förderung öffentlicher Nahverkehrssysteme und des Schienenfernverkehrs, nur halbherzige Förderung der Elektromobilität.

Entkopplung

Neben weiteren Änderungen bei Energie-bezogenen Technologiepfaden (z. B. im Verkehrssektor, s. o.) ist künftig eine wichtige Voraussetzung, dass wirtschaftliches Wachstum mit zunächst und bis auf weiteres sinkendem Energie- und Rohstoffverbrauch realisiert wird.

Bei dieser Entkopplung (Wachstum, Energie- und Ressourcenverbrauch) geht es vor allem um die nachfolgend beschriebenen Aspekte.

Kreislaufwirtschaft

Materialeinsparungen bei Herstellungsprozessen, eine längere Lebensdauer von Produkten und das Recycling von Materialien sind wesentliche Voraussetzungen für Energieeinsparungen, da Rohstoffabbau und -verarbeitung zu den energieintensivsten industriellen Prozessen gehören. Beispiele: Erzeugung und Verarbeitung von Stahl, Aluminium, Kupfer und von anderen Industriemetallen, Herstellung von Glas, Herstellung von Kunststoffen.

Intelligente Systemsteuerung (Information und Kommunikation)

Das Potenzial, Energieeffizienzsteigerungen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu erzielen, wurde erst nach und nach erkannt. Durch die intensivere Nutzung von IKT könnte der Energieverbrauch in Deutschland um mehr als 20 % gesenkt werden, wobei die höchsten Einsparpotenziale im Transportsektor, im Gebäudesektor und bei der Steuerung von Elektromotoren liegen.

Neue Materialien und neue Wege der Materialerzeugung

Es gibt zahlreiche Beispiele für neue Materialien und neue Wege der Materialerzeugung. Seit längerem ist die Herstellung von Grundbausteinen für Chemie- und Pharmaprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen in der Erforschung, z. T. schon in der Erprobung. Um dem Problem der Flächennutzungskonkurrenz (Nahrungsmittel) zu begegnen, werden aktuell die Möglichkeiten ausgelotet, die Algen-Bioraffinerien bieten können (Algen als Rohstoffbasis).

Ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich ist die Nutzung von Bauschutt (Mauerwerkbruch) für die Herstellung hochwertiger neuer Baustoffe. Dies würde nicht nur zu Materialeinsparungen führen, sondern unmittelbar auch zu einer erheblichen Verringerung von Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen in diesem Sektor.