
Der Kampf gegen den Klimawandel ist auf internationaler Ebene, auf internationalen Klimakonferenzen, im vollen Gange, auch wenn er zweifellos intensiviert werden muss.
Am 12. Dezember 2015 wurde in Paris Geschichte geschrieben. Auf der Klimakonferenz beschlossen alle anwesenden Staaten das Pariser Abkommen – der erste verbindliche globale Klimavertrag und damit ein historischer Schritt nach intensiven Verhandlungen, den die wenigsten für möglich gehalten hatten. Bis heute haben 196 Staaten das Abkommen ratifiziert.
Paris ist so wichtig, nicht weil etwa die Reduktions-Verpflichtungen der Staaten ausreichen würden – das ist keineswegs der Fall. Aber weil es das erste Mal war, dass sich die Staatengemeinschaft auf nachvollziehbare Schritte geeinigt hat. Dazu gehört auch, die Ziele in regelmäßigen Abständen neu zu justieren.
Die Ergebnisse von Bonn
Nun gilt es, Paris aktiv umzusetzen. Ziel der Teilnehmer der diesjährigen Klimakonferenz, die vom 6. bis 17.11. in Bonn stattfand, war es insbesondere, die Details und den technischen Weg zu besprechen, wie das Klimaabkommen von Paris konkret ab dem Jahr 2020 umgesetzt werden kann.Die Präsidentschaft der Konferenz hatte die Republik Fidschi übernommen. Tagungsort war der Sitz des UN-Weltklimasekretariats, Bonn. Deutschland war damit technischer Gastgeber. Die Konferenz war mit 25.000 Teilnehmern die bisher größte jemals in Deutschland veranstaltete internationale Konferenz.
Doch wie steht es um die Umsetzung des bisherigen Fahrplans sowie um neue Beschlüsse und damit um den Klimaschutz?
Im Plan?
Bonn konnte nicht das liefern, was sich viele Menschen erhofft hatten. Entsprechend hart fiel die Kritik von Umweltverbänden aus. Aber Bonn lieferte das, was es laut Zeitplan liefern sollte:
- In Paris verpflichteten sich die Staaten, ihre THG zu verringern. Dafür setzten sie sich nationale Ziele. Was allen bewusst war: Die bisher festgesetzten Ziele sind für einen effektiven Klimaschutz nicht ausreichend, sondern müssen regelmäßig angepasst werden. Um die Ziele und Strategien regelmäßig überprüfen und anpassen zu können, müssen sie zwischen Staaten vergleichbar sein. Ziel der Konferenz in Bonn war es, Textvorschläge für das Pariser Regelbuch zu erarbeiten. Dieses Ziel ist erreicht. Das Regelbuch selbst soll auf der Konferenz im nächsten Jahr im polnischen Kattowitz verabschiedet werden. Bis dahin muss das Regelbuch unter Leitung von Polen und der Republik Fidschi zusammengefügt werden.
- Die Finanzierung des Klimaschutzes ist seit jeher ein Streitpunkt. Die Entwicklungsländer haben auf der Konferenz in Bonn nach zähem Ringen Finanzierungszusagen durchgesetzt. Bereits in Paris war beschlossen worden, einige schon länger bestehende Klimafonds weiterzuführen – wie den Green Climate Fund und den Least Developed Countries Fund. Die Fortführung des Anpassungsfonds (Anpassung an die Folgen des Klimawandels) blieb allerdings ungeklärt. Die Konferenz in Bonn hat nun den Weg eröffnet, den Anpassungsfonds ebenfalls in das Pariser Abkommen aufzunehmen.
- Mehr und mehr sehen sich gerade die ärmsten und vom Klimawandel besonders bedrohten Länder wirtschaftlichen Schäden infolge des Klimawandels ausgesetzt. Zwar gibt es seit der Warschauer Klimakonferenz (2013) eine Arbeitsgruppe, die das Thema ausleuchtet. Der Ausgleich von Verlusten und Schäden ist bisher jedoch offen geblieben. Die Industrieländer haben lediglich einen einmaligen Expertendialog für 2018 zugesagt und das Thema damit vertagt.
- Die Industrieländer hatten 2009 zugesichert, die finanzielle Unterstützung für die Entwicklungsländer bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar anzuheben und über gemachte Fortschritte Auskunft zu geben. Zwei Beschlüsse der Bonner Konferenz brachten Fortschritte: Zum einen sind die Industrieländer aufgefordert, nächstes Jahr im Rahmen bestehender Berichtspflichten das Augenmerk darauf zu richten, wie sie in den verbleibenden Jahren 2018 bis 2020 ihre jeweilige Klimafinanzierung speziell mit Blick auf das 100-Milliarden-Versprechen ausgestalten werden. Zum anderen sollen sowohl 2018 als auch 2019 im Rahmen einer Bestandsaufnahme (auf der jeweiligen Klimakonferenz) auch die insgesamt zur Verfügung gestellten Unterstützungsleistungen auf den Prüfstand gestellt werden.
- Ein großer Erfolg ist der Zusammenschluss von 23 Ländern und Provinzen zu einer freiwilligen internationalen „Anti-Kohle-Allianz“ unter der Führung von Kanada und Großbritannien, die sich dazu verpflichtet haben, aus dem fossilen Brennstoff Kohle auszusteigen. Bis 2018 sollen sich in der sogenannten „Powering Past Coal-Alliance” mindestens 50 Länder dazu verpflichten. Bisher ist Deutschland nicht dabei.
- Plattform für indigene Völker: Da mit Fidschi zum ersten Mal ein kleiner Inselstaat die Präsidentschaft ausübte, waren die Rechte indigener Menschen ein besonders wichtiges Thema. Erstmals wurde eine Plattform für indigene Völker eingerichtet. Die Indigenous People’s Platform ermöglicht ein sinnvolles Einbinden des Wissens indigener Völker in den Kampf gegen den Klimawandel.
Was tun die USA in den Zeiten von Trump?
Die Konferenz in Bonn war die erste Konferenz nach der Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, dass die USA aus dem Pariser Abkommen aussteigen wollen. Das offizielle Schreiben der US-Regierung ging im Sommer 2017 bei der UN ein. Der formale Prozess des Ausstiegs ist ab Ende 2019 möglich.
Nach dem Beitritt von Syrien wären die USA das einzige nicht teilnehmende Land und damit isoliert. China steht bereit, eine Führungsrolle zu übernehmen: Sofort nach Bekanntwerden des Resultats der US-Wahl, die in die erste Woche der Klimakonferenz in Marrakesch im November vergangenen Jahres fiel, war die Idee des heutigen MOCA (Ministerial on Climate Change) geboren – eine von der EU, Kanada und China initiierte High-Level-Initiative, um den Kampf gegen den Klimawandel weiter voranzutreiben.
„Nicht die USA, nur Trump ist ausgeschieden“
Man muss genau unterscheiden. Auf der Konferenz in Bonn hieß es: „Nicht die USA, nur Trump ist ausgeschieden“. Unter dem Leitspruch „We are still in“ und unter der Führung des früheren Bürgermeisters von New York, Mike Bloomberg, und des Gouverneurs von Kalifornien, Jerry Brown, schlossen sich 250 Städte und Landkreise, neun US-Bundesstaaten und 1700 Unternehmen zur America’s Pledge zusammen, um ihren Kampf gegen den Klimawandel unabhängig von der US-Regierung zu bekräftigen und ihre THG zu reduzieren.
Zwar gab es auf der Konferenz in Bonn auch Veranstaltungen der „offiziellen“ US-Regierungsvertretung, wie zu „sauberer fossiler Energie“, auf der über eine effizientere Kohleverwertung gesprochen werden sollte. Die Veranstaltung geriet zur Farce und wurde durch hunderte Aktivisten massiv gestört. Mike Bloomberg tweetete: „´Tobacco at a cancer summit´: Trump coal push savaged at climate conference”.
Können wir den Klimawandel derart begrenzen, dass er beherrschbar bleibt?
Ja, das ist zeitlich noch möglich. Es gibt alle dafür benötigten technischen Lösungen. Auch werden die politischen Wege zu einer dekarbonisierten Wirtschaft derzeit weiter geebnet.
Eines ist jedoch klar: Es muss JETZT gehandelt werden. Wie es Ex-Präsident Barack Obama vier Monate nach der Konferenz von Paris sagte: „Wir sind nicht die letzte Generation, die den Klimawandel erleben wird, aber wir sind die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel tun kann".
Das wichtigste Klimagas ist CO2. Seine Konzentration in der Atmosphäre (gemessen in ppm = parts per million) steigt seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch die menschlichen Aktivitäten an und liegt mittlerweile ganzjährig bei über 400 ppm. Es besteht die Gefahr des weiteren Anstiegs auf bis zu 450 ppm in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Mit hoher Wahrscheinlichkeit führt dies zu einer Erwärmung um insgesamt 2 °C bis Ende des Jahrhunderts (um 1 °C ist es seit vorindustrieller Zeit bereits wärmer geworden). Eine solche Erwärmung ist bereits sehr problematisch. Eine Erwärmung darüber hinaus gilt als nicht mehr beherrschbar.
Um den Anstieg der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre auf mehr als 450 ppm zu vermeiden, ist eine deutliche Verringerung der weiteren Emission von Treibhausgasen in den nächsten 5 bis 10 Jahren erforderlich.
Viele Akteure bauen an einer Dekarbonisierung der Welt. Die Zivilgesellschaft setzt heute enorme Kräfte im Kampf gegen den Klimawandel frei. Auch die diesjährige Klimakonferenz stand mit der „Bonn-Zone“, neben der „Bula-Zone“ für die offziellen Verhandlungen, ganz im Zeichen der Partizipation. Die TAZ titelte „Wichtiger war, was draußen passiert…“.
Unternehmen entwickeln Innovationen und richten ihr Geschäftsmodell danach aus, was die Menschheit in einer nachhaltigen Welt benötigt. Asset-Manager wie ÖKOWORLD investieren in genau solche Unternehmen. Einflussreiche Asset-Manager und Versicherungen bekennen sich zu weniger CO2-Emissionen bei der Geldanlage. Vor allem werden fossile Energieträger aus den Portfolios verbannt und klimafreundliche Anlagen bevorzugt.
Jedoch benötigen Zivilgesellschaft und Unternehmen die Rückendeckung durch die Politik – das heißt verlässliche Rahmenbedingungen. Und ein Spielfeld mit Regeln, die für alle gelten; Regeln, die eine zukunftsfähige Wirtschaft fördern.
Was tut die Politik in Deutschland?
Deutschland wird aller Voraussicht nach seine in Paris zugesagten Klimaziele verfehlen. Auch sind der Kohleausstieg und das Fortschreiben der Energiewende aktuell nicht in Sicht. Ganz zu schweigen von der dringend erforderlichen Verkehrswende.
In der internationalen Politik sind die Klimakonferenz im kommenden Jahr in Kattowitz und vor allem auch der Weg dorthin die nächsten wichtigen Schritte. Das Ziel: Spätestens 2050 muss die Weltwirtschaft weitgehend dekarbonisiert sein. In Kattowitz muss das Paris Rule Book verabschiedet werden. Die Klimaziele sind ferner regelmäßig anzupassen, die Zielerreichung ist zu überprüfen. Nichterreichen muss sanktioniert werden. Dann wird effektiver Klimaschutz noch gelingen.
Der Autor:
Mathias Pianowski arbeitet als Senior Sustainability Analyst bei ÖKOWORLD.
Mathias Pianowski studierte Wirtschaftswissenschaften (Abschluss: Dipl.-Kfm.), insbesondere Finanzwirtschaft und Banken, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung sowie Umweltwirtschaft und Controlling. Er erstellte im Rahmen der Diplomarbeit erstmals vor fünfzehn Jahren einen Nachhaltigkeitsbericht – für ein internationales Industrieunternehmen. Seitdem arbeitet er zum Thema „Zukunftsfähige Wirtschaft und Unternehmen“. Sechs Jahre lang leitete Mathias den Geschäftsbereich „Nachhaltigkeit und Innovation“ bei der Unternehmensberatung BCC in Frankfurt am Main und Berlin. Er arbeitete für Unternehmen, NGOs, Verbände, Ministerien, das UBA und den Rat für Nachhaltige Entwicklung zu den Themen Nachhaltige Finanzwirtschaft, umweltökonomische Bewertung von Infrastrukturprojekten, unternehmerische Strategieentwicklung und Implementierung, Stakeholder-Engagement, Kommunikation und (gesetzliche) Weiterentwicklung des Nachhaltigkeits- bzw. Integrierten Reportings. Mathias unterrichtete zudem mehr als fünf Jahre lang an der Universität Duisburg-Essen die Fächer Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensberichterstattung und moderierte ESG-Panels sowie Workshops u. a. für DVFA, FNG und DIRK. Mathias ist zertifizierter EFFAS-ESG-Analyst, Umweltauditor und Umweltbetriebsprüfer.