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„Brexit“ – „Und wo gehen die jetzt hin?“ – Ein Beitrag von Christopher Annen, Financial Analyst

„Und wo gehen die jetzt hin?“

Dies war vor etwa zwei Monaten die Frage der kleinen Tochter unseres Chief Investment Officers Alexander Mozer, nachdem dieser am Morgen nach dem Referendum die Geschehnisse der Nacht erklärte. Hektisch packte der Manager unseres ÖKOWORLD ÖKOVISION CLASSIC seine Sachen, um möglichst früh am Arbeitsplatz zu sein. Die Ereignisse am Kapitalmarkt werden auch den meisten Anlegern in lebhafter Erinnerung bleiben. Der angekündigte EU-Austritt sorgte für ein Beben an den Finanzmärkten. An den weltweit wichtigsten Aktienindizes verzeichnete man deutliche Kursverluste. Die gestiegene Risikoaversion führte zu einer wachsenden Nachfrage nach sicheren Staatsanleihen, und das britische Pfund wertete gegenüber dem US-Dollar auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren ab.

„Politisches Stühlerücken“

In Großbritannien ist der Initiator (aber Gegner eines EU-Austritts) des EU-Referendums, David Cameron, mittlerweile abgetreten. Mit Theresa May hat nun eine EU-skeptische Politikerin das Amt der Premierministerin inne. Boris Johnson, einer der großen Verfechter der „Leave“-Kampagne, weigerte sich zunächst, für die Nachfolge von David Cameron zu kandidieren, wurde dann aber überraschend zum Außenminister ernannt. Nigel Farage, ein weiterer wichtiger Fürsprecher des EU-Austritts, kündigte an, seinen Posten als Parteichef der europakritischen UKIP-Partei zu räumen.

Wann kommt der Antrag?

Die britische Regierung betont zwar immer wieder, den Willen des Volkes umsetzen zu wollen, hat den formalen Antrag zum EU-Austritt jedoch noch nicht eingereicht. Mittlerweile rechnet die EU-Kommission damit, diesen erst 2017 zu erhalten. Nach Eingang des Antrags sieht der EU-Vertrag über zwei Jahre hinweg weitere Verhandlungen über die Formalitäten vor.

„Kühlen Kopf bewahren im Rahmen der Fondsanalyse!“

Dies war die Forderung Alexander Mozers als Reaktion auf die Entscheidung der Briten. Das Portfoliomanagement solle an seinem, über Jahre hinweg erfolgreichen Ansatz festhalten und die Fundamentaldaten der Unternehmen im Fokus behalten. Positive Lösungen in einem negativen Kontext erarbeiten ist das Erfolgsrezept. Es ist immer wichtig, in der Krise auch eine Chance zu sehen, und dies spiegelt sich auch in der Wertentwicklung unseres ÖKOWORLD ÖKOVISION CLASSIC wider. 

Immobilienmarkt als Risiko

Im Rahmen unseres kontinuierlichen Risikomanagements reduzierten wir unser Exposure in Großbritannien deutlich. Gewinne nahmen wir vor allem bei Unternehmen aus dem heimischen Immobiliensektor mit. Als Risiko für unsere fundamental stabil aufgestellten Unternehmen identifizierten wir vor allem die weitere Preisentwicklung am Häusermarkt. Nachdem dieser, unter anderem getrieben von ausländischen Investoren, über Jahre hinweg kontinuierlich angestiegen ist, erwarten wir, geschuldet durch die politische Unsicherheit, einen Rückgang der Nachfrage. Die Kursentwicklung bei den verkauften Werten Bellway (GB0000904986), Great Portland Estates (GB00B01FLL16) und Unite Group (GB0006928617) bekräftigt unser Vorgehen.

Abwertung des Britischen Pfundes als Chance für den Export 

Die „Flucht“ der Anleger aus dem Britischen Pfund führte zu einer deutlichen Aufwertung der beiden „großen“ Währungen Euro und US-Dollar. Seit dem 23.06.2016 (Tag des Referendums) wertete das Britische Pfund gegenüber beiden Währungen um mehr als zehn Prozent ab. Eine Beschleunigung dieser Entwicklung brachte die von vielen bereits im Juli erwartete, Anfang August vollzogene Leitzinssenkung der Bank of England von 0,5 Prozent auf 0,25 Prozent. Durch die deutlich schwächere Heimatwährung identifizierten wir schnell eine Chance für britische Exportwerte. Vor allem für Investoren aus den USA und dem europäischen Währungsraum werden britische Produkte günstiger, was die Nachfrage beflügeln sollte. Profitieren konnten unter anderem unser Londoner Hersteller von umweltfreundlichen Katalysatoren, Johnson Matthey (GB00BZ4BQC70), und der englische Produzent von Sicherheitstechnik, Halma (GB0004052071). Beide Unternehmen exportieren einen Großteil der Produkte und profitieren von vielversprechenden Quartalszahlen und gutem Geschäftsausblick.

Wertentwicklung bekräftigt unseren Investmentansatz

Die Wertentwicklung des ÖKOWORLD ÖKOVISION CLASSIC bestätigt uns in unserem Investmentansatz. Seit dem 27.06.2016 (zweiter Handelstag nach „Brexit“) weist unser Fonds eine positive Performance von über fünf Prozent auf (Stand 19.08.2016). Dazu beigetragen haben auf der einen Seite der Verzicht auf große Banken und Versicherungen in unserem Anlageuniversum, und auf der anderen Seite der klare Fokus auf wachstumsorientierte, fundamental starke, langfristig orientierte und gering verschuldete Unternehmen. Unsere Investments in Titel mit einer hohen Liquidität hat es uns erlaubt, unsere Strategie nach Ausgang des Referendums schnell umzusetzen und das Portfolio überlegt den neuen Gegebenheiten anzupassen. Dazu gehörte ein deutlicher Rückgang unserer Investments aus dem EURO und dem Britischen Pfund hin zu Titeln in den wachsenden Märkten wie Indien, China und Brasilien. Einen entscheidenden Beitrag zur hervorragenden Gesamtperformance haben auch unsere Unternehmen aus dem US-amerikanischen Technologiesektor geleistet. Bei unserem Schwergewicht und Grafikkartenhersteller Nvidia (US67066G1040) behielten wir „kühlen Kopf im Rahmen der Fondsanalyse“ und beließen nach dem Referendum unsere Positionierung unverändert. Das Unternehmen erzielt einen Großteil der Umsätze auf dem Heimatmarkt sowie in Asien und ist daher kaum von der politischen Situation in Europa abhängig. Ähnlich verhielten wir uns beim Anbieter von virtuellen Softwarelösungen, VM Ware (US9285634021). Auch hier kann sich die Kursentwicklung seit dem Referendum in Großbritannien sehen lassen. Trotz überwiegend positiven Investments trifft man als erfahrender Fondsmanager auch mal eine falsche Entscheidung. So geschehen bei Pearson (GB0006776081). Das britische Unternehmen ist der weltweit größte Bildungsverlag und generiert einen Großteil der Umsätze außerhalb des Heimatmarktes. Zunächst schien unsere Strategie aufzugehen, den Wert nach dem Referendum in unveränderter Gewichtung im Portfolio zu belassen. Ein deutliches Kursplus in den Wochen nach dem Referendum rechtfertigte unseren Fokus auf britische Exportwerte. Leider haben wir die Chance verpasst, frühzeitig Gewinne zu realisieren, und wurden stattdessen von enttäuschenden Quartalzahlen überrascht, woraufhin die Aktie den Weg Richtung Süden suchte. Im Zuge der strikten Verkaufsdisziplin im Rahmen unseres Investmentprozesses veräußerten wir im Anschluss ans Zahlenwerk, vor allem aufgrund fehlender Wachstumstreiber, den Anteil an Pearson.

Was bringt die Zukunft?

Auch als erfahrener, langjährig erfolgreicher Fondsmanager ist es der ÖKOWORLD LUX S.A. nicht möglich, die Zukunft vorherzusehen. Nach Eingang des EU-Austrittsantrages bei der europäischen Kommission folgen zunächst zwei Jahre (wahrscheinlich zähe) Verhandlungen über die Formalitäten der weiteren wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit. Die EU muss dabei einen Drahtseilakt bewältigen. Auf der einen Seite möchte man Großbritanniens Wirtschaft nicht zu sehr schaden und einen wichtigen Handelspartner nicht verlieren, auf der anderen Seite sollte das Ergebnis abschreckend auf mögliche „Nachahmungstäter“ wirken, um einen totalen Zerfall der europäischen Union zu verhindern. Die ÖKOWORLD sieht diesem Prozess aufgrund seiner bewährten Strategie aus drei Gründen gelassen entgegen:

  1. Fundamentaldaten stärker als makroökonomische Prognosen

    Unser Investmentprozess ist klar auf die Analyse der Unternehmensdaten und nicht auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bzw. Prognosen ausgelegt. Hierbei analysieren wir ausführlich sowohl Qualitätsbedingungen wie Finanzen, Management, Porter-Wettbewerb als auch die relative Bewertung zu den Mitbewerbern in der Branche. Des Weiteren legen wir bei der Analyse des Fundaments ein großes Augenmerk auf das Ergebniswachstum. Im Gegensatz zu modellbasierten Makromodellen ziehen wir reale Daten heran und setzen sie zur Identifikation der Ergebnistreiber in den Gesamtkontext.

  2. „Stockpicking“ ist Trumpf und Verkaufsdisziplin

    Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern verfolgen wir einen konsequenten „Stockpicking“–Ansatz. Während viele unserer Erfolgswerte bei Gesellschaften mit rein quantitativen Bewertungsmodellen keine Chance zur Investition bieten, verfolgen wir konsequent unseren Investmentprozess und lassen uns auch nicht von „scheinbar“ hohen Aktienkursen oder Bewertungskennzahlen abschrecken. Den Positionsausbau nehmen wir Schritt für Schritt vor. Entwickelt sich eine Aktie nicht nach unseren Vorstellungen, verfolgen wir eine klare Verkaufsdisziplin. Zur Risikominimierung investieren wir nur in Werte mit einer hohen Liquidität, so dass wir in turbulenten Marktzeiten schnell handeln können, um zukünftige Chancen zu nutzen. (Brexit: -> Schneller Ausstieg aus heimischen Immobilientiteln und Fokus auf Chancen der Exportwerte).

  3. Nachhaltigkeit gewinnt

    Unser Fokus liegt auf Unternehmen mit einem stabilen, langfristig orientierten und nachhaltigen Geschäftsmodell. Diese Ausrichtung hat sich wieder einmal im Zuge des Brexits bewährt. Während vor allem europäische Großbanken in den Tagen nach dem Referendum unter deutlichen Kursverlusten zu leiden hatten, machte sich der Verzicht dieser Werte in unserem Anlageuniversum bezahlt. Die eindeutige Abkehr von kurzfristiger Gewinnmaximierung hin zu umweltfreundlichem und wiederkehrendem Wachstum spiegelt sich auch in unserer Wertentwicklung wider.

Fazit:

„Und wo gehen die jetzt hin?“ – Die Frage wird wohl endgültig erst in ein paar Jahren zu beantworten sein. Dennoch ist festzustellen, dass sich die Märkte vom anfänglichen Schock nach dem Referendum wieder erholt haben. Es ist davon auszugehen, dass die englische Notenbank - wenn nötig - weitere expansive Maßnahmen ergreifen wird, um die heimische Wirtschaft zu stützen. Am Ende wird wohl ein Kompromiss zwischen der europäischen Union und Großbritannien stehen, bei dem beide Parteien ihr Gesicht wahren. Die ÖKOWORLD ist, egal wie die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich ausfallen wird, gut gerüstet. Unser „Stockpicking“-Ansatz erlaubt es uns, auch in schwierigen Marktlagen den Fokus auf die Chancen zu richten und die Risiken zu minimieren. Wir grenzen uns in unserem gesamten Ansatz klar von anderen Markteilnehmern ab und sind somit in der Lage, über lange Sicht, frei von Benchmark, eine überdurchschnittliche Performance zu generieren.

Christopher Annen unterstützt das Portfoliomanagement der ÖKOWORLD LUX S.A. seit Februar 2016. Er ist als Finanzanalyst hauptverantwortlich für die Bereiche Großbritannien sowie die nachhaltigen Versorger aus Europa und den USA. Die letzten zweieinhalb Jahre arbeitete Christopher Annen bei der Dealis Fund Operations S.A. in der Fondsadministration und erlangte eine große Expertise im Investmentfondsgeschäft. Vor seiner dortigen Beschäftigung war er als Auditor bei der „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) tätig. Hier intensivierte er durch einen tiefen Einblick in die Bilanzen von Unternehmen verschiedenster Branchen sein Verständnis der relevanten Kennzahlen. Während seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.) mit Schwerpunkt „Finanzen und Unternehmensführung“ arbeitete er als selbständiger Projektleiter für die Luxemburger Unternehmensberatung CURE S.A. Christopher Annen absolvierte vor seinem Studium eine zweijährige Ausbildung als Bankkaufmann bei der Sparkasse Trier.